30.07.2019
   

Motorradfahrer haben ein hohes Todesrisiko

Schutzkleidung hilft kaum

Motorradfahrer haben bezogen auf die gefahrenen Kilometer ein 21 Mal höheres Risiko im Straßenverkehr ums Leben zu kommen als Autofahrer.

Von Wolfgang Schäffer/SP-X

Motorradfahrer haben bezogen auf die gefahrenen Kilometer ein 21 Mal höheres Risiko im Straßenverkehr ums Leben zu kommen als Autofahrer. Zwei Drittel aller getöteten Kradfahrer auf Landstraßen verursachten ihren Unfall selbst. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV).

Jenseits von Tempo 70 kann keine Schutzkleidung schwerste Verletzungen bei Motorradunfällen verhindern. "Schon bei Geschwindigkeiten von mehr als 25 Kilometern pro Stunde können die üblichen Jacken mit Protektoren bei einem Aufprall auf ein Hindernis lebensbedrohliche Verletzungen nicht mehr verhindern", sagt Siegfried Brockmann, Leiter der UVD. Die im Handel angebotenen Airbagjacken verschieben den Bereich auf etwa 50 km/h, verweist Brockmann auf detaillierte Auswertung der Unfallverletzungen und umfangreiche Simulationen am Computer. Am Rechner haben die Forscher zudem ermittelt, dass eine Erweiterung des Airbagvolumens von derzeit 12 auf 120 Liter den Schutz bis auf 70 Kilometer pro Stunde erweitern würde.

Besonders stark betroffen sind bei den Unfällen mit Todesfolge Brustkorb (94,2 Prozent) und Kopf (63,5 Prozent) der motorisierten Zweiradfahrer. Auch aus diesem Grund warnt Brockmann davor, sich auf die Rückenprotektoren zu verlassen. "Die helfen auf der Rundstrecke. Doch die Bilder von Motorradrennen, bei denen die Fahrer nach schweren Stürzen und Rutschpartien wieder aufstehen und sogar weiterfahren, sind fatal. Auf Landstraßen gibt es keine Auslaufzonen."

Anders als oft angenommen wird der überwiegende Teil der tödlichen Unfälle der Studie zufolge von den Motorradfahrern selbst verschuldet. "67 Prozent aller getöteten Kradfahrer und deren Mitfahrer bei Unfällen mit bis zu zwei Beteiligten wurden vom Motorradfahrer verursacht", betont der Leiter der UVD, und verweist auf 619 getötete Biker im vergangenen Jahr. "Das entspricht einem Anteil von 21 Prozent an allen Verkehrstoten und unterstreicht eine seit drei Jahren wieder ansteigende Tendenz." Das gelte ebenso für die leicht- und schwerverletzten Motorradfahrer.

Untersucht haben die Unfallforscher zudem, ob das Fahren in Gruppen ein besonderes Risiko darstellt. Von insgesamt 2.345 schweren Unfällen mit motorisierten Zweirädern fanden lediglich 357 und damit 15 Prozent während einer Gruppenfahrt - mindestens zwei Personen – statt. Damit birgt die Fahrt in einer Gruppe kein besonderes Sicherheitsrisiko. Generell unterscheidet sich die Unfallkonstellation bei Allein- oder Gruppenfahrten wesentlich. Während bei Alleinfahrten Zusammenstöße mit Autos oder Lkw an Kreuzungen und Einmündungen häufig sind, kommt es bei Gruppenfahrten vorwiegend zu Kollisionen mit den Gruppenmitgliedern. Als Hauptgrund haben die Forscher den oft viel zu geringen Sicherheitsabstand ausgemacht. "Bei der gern angewandten Abstandsregel vom halben Tachowert aber würde jede Gruppen- zur Alleinfahrt", weiß Brockmann um die Problematik.

Da der Chef der Unfallforschung in Sachen Technik der Motorräder keine entscheidenden Verbesserungen erwartet und auch bei der Sicherheitskleidung vorläufig kaum Fortschritte sieht, plädiert er für verpflichtende Fahrsicherheitstrainings. In regelmäßigen Abständen von etwa zwei Jahren sollten solche Schulungen sowohl auf abgesperrtem Gelände als auch im realen Straßenverkehr stattfinden. Brockmann: "Das größte Verbesserungspotential sitzt auf dem Motorrad. Mit entsprechenden Trainingsmaßnahmen sind Leben zu retten."


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