17.08.2017
   

HUK-Chef

Autoindustrie darf kein Datenmonopol haben

Klaus-Jürgen Heitmann

Klaus-Jürgen Heitmann: "Die Verbraucher müssen die Wahlmöglichkeit haben."

Das Geschäft mit Autodaten wird zum Streitfall zwischen Autoindustrie und Versicherungen. Deutschlands größter Autoversicherer HUK Coburg verlangt vom Bund, den Wettbewerb sicherzustellen und Standards für die Datenschnittstellen zu setzen. "Es darf kein Monopol der Autohersteller geben, Monopole sind immer schlecht und teuer", sagte der neue Vorstandschef Klaus-Jürgen Heitmann der Deutschen Presse-Agentur.

Sowohl Autohersteller als auch Versicherer wollen mit digitalen Dienstleistungen Kunden binden und neue Geschäftsfelder erschließen. "Die Verbraucher müssen die Wahlmöglichkeit haben", sagte Heitmann. Der Gesetzgeber solle darauf achten, dass "idealerweise so viel Wettbewerb wie möglich" bestehen bleibe. Die HUK Coburg ist mit rund elf Millionen versicherten Autos Marktführer vor der Allianz.

"Wenn Sie künftig in einem vernetzten Auto eine Panne haben, dann müssen nicht mehr Sie den Abschleppdienst anrufen, Sie werden angerufen, ob Sie Hilfe brauchen", sagte Heitmann. "Und der Anrufer weiß dann, wo Sie stehen, was an Ihrem Auto kaputt ist und ob sofort geholfen werden kann." Es seien extrem sinnvolle Dinge dabei - ein Beispiel: "Das Auto holt Hilfe, wenn ein Unfallopfer es selber nicht mehr kann." Der Gesetzgeber müsse aber sicherstellen, dass es einheitliche Standards für die Datenschnittstellen gebe und nicht alle Hersteller das unterschiedlich handhabten.

"Wir verstehen, dass die Autohersteller sagen, bitte lasst nicht jeden auf die Elektronik im Auto zugreifen." Es wäre eine beängstigende Vorstellung, wenn zukünftig Cyber-Kriminelle Autos fernsteuern könnten. "Das heißt, man muss daran arbeiten, Datenzugriffe sicher zu ermöglichen." Das sei schwierig, aber technisch sicher lösbar. "Ich glaube nur, dass die Autoindustrie gut beraten wäre, hier sehr offen mit dem Wunsch der Verbraucher nach Dispositionsfreiheit über ihre Daten umzugehen."

"Zugang muss diskriminierungsfrei sein"

Idealerweise werde eine offene Schnittstelle im Auto etabliert. "Und der Zugang muss diskriminierungsfrei sein - das heißt, es darf nicht zu viel kosten, wenn überhaupt", sagte Heitmann. "Im Moment wird ein Konzept favorisiert, bei dem die Autohersteller die Daten auf ihre Server schaufeln und der Inhalt dieser Server wird gedoppelt, damit andere zugreifen können."

Doch dabei gibt es aus Versicherersicht viele Fragen. Dazu zählt, ob die Daten vollständig und unmittelbar übermittelt werden ebenso wie die Kosten des Serverzugriffs und die Verwaltung der Zugriffsrechte. "Auf Basis dieser Datenverfügbarkeit muss der Verbraucher zwischen mehreren Angeboten wählen können, und dann möge das bessere gewinnen", sagte Heitmann.

Für die HUK Coburg ebenso wie für andere Versicherer geht es bei den digitalen Dienstleistungen vor allem um Kundenbindung: "Am Ende müssen sich alle Geschäftsmodelle monetarisieren, und das geht umso besser, je mehr Sie präsent sind. Für uns hat Digitalisierung den Hintergrund, dass wir zusätzliche Mehrwertdienste bieten wollen." Als Beispiele nannte der HUK-Vorstandschef den Autoservice, das unternehmenseigene Autohaus in Düsseldorf und den Telematik-Tarif, bei dem junge Fahrer weniger für ihre Kfz-Versicherung zahlen, wenn sie digital überwacht fahren. "Wir überlegen, ob wir den Telematik-Tarif über junge Leute hinaus erweitern", sagte Heitmann.

Herausforderung: Online-Makler

Eine Herausforderung für Versicherer sind Online-Makler wie Check24. Viele Verträge werden dort abgeschlossen, die Portale kassieren die Provisionen. "Bei datenbasierten Geschäftsmodellen entstehen in bisher nicht bekannter Geschwindigkeit marktbeherrschende Positionen", sagte Heitmann. Die Coburger Versicherung ist auf den Portalen nicht präsent und will dabei auch bleiben.

Die HUK habe sehr niedrige Kosten, weil sie nur über eigene Kanäle vertreibe, sagte Heitmann. Das Unternehmen werbe um Kontakt zu den Kunden, "ohne Zwischenhändler, damit wir so günstig bleiben können". Um sichtbar zu werden, müssten Portale sehr viel für Werbung ausgeben und sie kassierten Provisionen. "Deswegen sind die Vertriebskosten sogar tendenziell höher." (dpa)


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