Notbremsassistenten
Der Schutzengel hilft – und setzt sich durch
Volvo hat als einer der ersten Hersteller auf Notbremsassistenten gesetzt.
Von Holger Holzer/SP-X
Noch vor knapp einem Jahrzehnt wirkten sie wie Science-Fiction: Notbremsassistenten, die ein Auto bei einem drohenden Unfall wie von Geisterhand abbremsen. Heute ist die Technik in den größeren Fahrzeugklassen längst Standard. Und auch in Kleinwagen-Neuheiten ist der elektronische Schutzengel keine Seltenheit mehr. Aus gutem Grund.
Der wichtigste: Die Notbremsassistenten wirken und können Unfälle verhindern, wie mittlerweile zahlreiche Studien belegen. So hat das Sicherheitsinstitut der amerikanischen Versicherer (IIHS) kürzlich Untersuchungen zum City-Safety-System des Volvo XC60 auf Basis von Unfallberichten der US-Polizei vorgelegt. Demnach senkt der Assistent die Wahrscheinlichkeit, einen Auffahrunfall zu verursachen um 41 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit eines Auffahrunfalls mit Verletzten nimmt sogar um 48 Prozent ab. Besonders wirksam war die Technik bei Landstraßentempo.
Volvo ist als Untersuchungsobjekt besonders beliebt, weil die Schweden gemeinsam mit Mercedes und Lexus zu den Vorreitern der Technik zählen; bereits 2009 kam das erste Modell mit City Safety in der volumenträchtigen Mittelklassebaureihe der Marke auf den Markt. Daher beschäftigen sich eine ganze Reihe von internationalen Untersuchungen auf Basis von Polizeiberichten, Crashtests oder Versicherungs-Statistiken, mit den Schweden – und kommen zu ganz ähnlichen Ergebnissen. Aber auch der Notbremsassistent von Mercedes (Distronic Plus mit Bremsassistent Plus) oder das CMBS-System von Honda zeigen bei Untersuchungen Reduktionsraten bei den Unfallzahlen von um die 40 Prozent. Speziell für Deutschland hat der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) 2011 die Wirksamkeit von Notbremshelfern über Markengrenzen untersucht und geht bei Unfällen mit Leichtverletzten von einer Reduktion um 36 Prozent aus. Das Risiko tödlicher Unfälle sinkt immerhin um 2,2 Prozent.
Sinkende Preise und steigender Druck
Die Wirksamkeit der Technik ist schon seit längerem Bekannt. Das allein hat aber nicht für ihren Siegeszug bis hinab in die Kleinwagenklasse gesorgt. Vielmehr waren es sinkende Preise und wachsender Druck über die Crashtest-Organisation EuroNCAP. Die hatte schon vor Jahren angekündigt, ab 2015 nur noch solchen Autos die prestigeträchtigen fünf Sterne zukommen zu lassen, die zumindest optional über ein Notbremssystem für den Stadtverkehr verfügen. Seit diesem Jahr muss der Assistent darüber hinaus nicht nur andere Autos, sondern auch Fußgänger erkennen diese davor schützen, überfahren zu werden. Und auch aus den USA bekommt der Notbremsassistent Rückenwind. Ab 2022 soll die Technik dort Standard für alle Neuwagen werden.
Die europäischen und amerikanischen Anforderungen gelten für alle Fahrzeugklassen. Also nicht nur für teure Oberklasseautos, wo die Kosten solcher Systeme nicht ins Gewicht fallen, sondern auch bei Kleinstwagen, wo es auf hundert Euro mehr oder weniger durchaus ankommt. Während die Notbremsassistenten in Fahrzeugen wie dem Volvo V60, dem neuen VW Tiguan oder Prestigemodellen wie der Mercedes E-Klasse zum Serienumfang zählt, muss sie in den kleinen Klassen daher in der Regel zugekauft werden. Das geht nur bei relativ neuen Fahrzeugmodellen, und häufig nicht mit jeder Ausstattungslinie. Besonders teuer muss der Assistent aber nicht unbedingt sein. Beim gerade gelifteten Kleinstwagen VW Up etwa kostet die Technik im Paket mit Tempomat, Regensensor und Lichtautomatik 390 Euro.
Der vergleichsweise günstige Preis in den kleinen Klassen ist auch einer modifizierten Technik geschuldet. Kommen in den größeren Fahrzeugen reichweitenstarke Radarsysteme zum Einsatz, nutzen Klein- und Kleinstwagen Kameras und Lasersensoren. Die können zwar nicht so weit voraus blicken und sind dafür eher für Fahrsituationen bei geringer Geschwindigkeit geeignet. Weil kleine Autos aber vor allem im Stadtverkehr unterwegs sind, reicht das in vielen Fällen aus.
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(Foto: Volvo)
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