Landstraßen
Verkehrsgerichtstag fordert Tempo 80
Tote und Verletzte wegen Raserei und riskanter Überholmanöver auf deutschen Landstraßen sollen bald der Vergangenheit angehören.
Flotte Fahrten auf Deutschlands Landstraßen sollen nach Meinung von Experten bald der Vergangenheit angehören. Um die Zahl der schweren Unfälle zu reduzieren, soll für Autos künftig überall «Tempo 80» gelten. Das ist eine der Empfehlungen des 53. Deutsche Verkehrsgerichtstags am Freitag im niedersächsischen Goslar.
Dem Verkehrsgerichtstag (VGT) gehören Juristen, Wissenschaftler und Verkehrsexperten aus Ministerien, Behörden, Verbänden, der Industrie und Verkehrsclubs an. Die Empfehlungen des Gremiums sind in der Vergangenheit oft in neue Gesetze und Verordnungen eingeflossen.
Bei Unfällen auf Landstraßen - dazu zählen Bundes-, Landes- und Kreisstraßen - sind in den vergangenen Jahren im Bundesgebiet jeweils etwa 1900 Menschen gestorben. Das sind knapp zwei Drittel aller Verkehrstoten. Diese Zahl will der Verkehrsgerichtstag dringend senken. Deshalb empfiehlt er nicht nur Tempo 80 für Autos, sondern auch für Lastwagen, die bislang maximal 60 Stundenkilometer schnell sein dürfen. Mit einer Neuregelung, so die Argumentation, würden riskante Überholmanöver vermieden. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte den Vorschlag und forderte zugleich höhere Strafen. Sanktionen müssten schmerzhaft sein, teilte die GdP mit.
Der Verkehrsgerichtstag schlug zudem vor, Hindernisse am Straßenrand sollen entfernt oder Schutzeinrichtungen vor Bäumen montiert werden. Helfen sollen auch mehr Überholverbote an unübersichtlichen Stellen.
Neue Promillegrenze für Radfahrer
Verabschiedet wurde in Goslar auch eine Empfehlung zu einer neuen Promillegrenze für Radfahrer. Betrunkene Radler sollen ab 1,1 Promille Alkohol im Blut ein Bußgeld bezahlen. Derzeit haben sie bis 1,6 Promille keine Sanktionen zu fürchten, solange sie im Verkehr nicht auffallen. Neueste Untersuchungen hätten aber gezeigt, dass bei Fahrradfahrern schon bei etwa 0,8 bis 1,1 Promille eine signifikante Zunahme grober Fahrfehler auftritt, begründeten die Experten die Forderung nach dem neuen Ordnungswidrigkeiten-Tatbestand. Die Deutsche Verkehrswacht und der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club unterstützte den Vorschlag. Hingegen sieht Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) keine Notwendigkeit für eine neue Regelung.
Wider den Führerschein-Tourismus
Dem Führerschein-Tourismus in Europa will der Verkehrsgerichtstag zudem einen Riegel vorschieben. Wer den Führerschein verloren hat und nach deutschen Maßstäben ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, kann derzeit im Ausland eine Fahrerlaubnis erwerben, wenn er dort einige Zeit mit Wohnsitz gemeldet war. Dies soll nach dem Willen der Experten künftig erst nach einer Sperrfrist von fünf und im Wiederholungsfall nach zehn Jahren möglich sein.
Unfallgefahr Smartphones
Weiterhin appellierte der Verkehrsgerichtstag an den Gesetzgeber, Unfallgefahren vorzubeugen, die beim Einsatz von Smartphones während der Fahrt entstehen. Denkbar wären technische Lösungen, durch die ablenkende Funktionen der Geräte während der Fahrt deaktiviert werden. Zudem empfahlen die Experten, die technische Entwicklung beim automatisierten Fahren voranzutreiben und wissenschaftlich zu begleiten.
Planspiele zur Pkw-Maut
Für viel Gesprächsstoff sorgten die Vorschläge von Verkehrsgerichtstags-Präsident Kay Nehm. Der frühere Generalbundesanwalt hatte sich für die Nutzung der Daten der Lkw-Maut zur Verbrechenbekämpfung ausgesprochen - und eine generelle streckenbezogene Gebühr für alle Autofahrer in Deutschland verlangt. Die Versuche von Minister Dobrindt, eine europarechtskonforme Maut einzuführen, die unter dem Strich nur Ausländer belastet, bezeichnete Nehm als "Verschwendung ministerieller Arbeitskraft". (dpa)
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