Arbeitskreis
MAS veranstaltete erstmals Oldtimer-Sondertagung
Der Münchner Arbeitskreis für Straßenfahrzeuge lud vom 14. bis 16. September nach Berlin zur Oldtimer-Tagung.
Von Thomas Seidenstücker
Der Münchner Arbeitskreis für Straßenfahrzeuge e. V. weilte vom 14. bis 16. September in Berlin, um sich dort in einer Tagung dem emotionalen Thema Oldtimer zu widmen. Zahlreiche Referenten beleuchteten die Thematik klassische Fahrzeuge aus verschiedenen Blickwinkeln und machten die Premierenveranstaltung zu einem sehr gelungenen Event.
Nicht wenige Sachverständige widmen sich auch privat gerne dem Thema Oldtimer und haben ein oder mehrere automobile Kulturgüter wohl behütet in der eigenen Garage stehen. Warum also nicht dem Thema Oldtimer mal eine ganz eigene Veranstaltung widmen, dachte sich der MAS e.V. und lud dazu vom 14. bis 16. September nach Berlin ein. Um die Tagung noch abwechslungsreicher zu gestalten und die Basis für lockere Benzingespräche zu legen, stand am ersten Tag ein Besuch der Classic Remise Berlin auf dem Programm.
Am Samstag gab es dann mehrere Vorträge im Hotel Abion und dem MAS e.V. mit seinem Vorsitzenden Prof. Dr.-Ing. Hans Bäumler war es wieder einmal gelungen, dafür interessante Referenten und profunde Kenner der Oldtimerszene zu gewinnen. Zu Beginn berichtete Dr. Johann Gwehenberger, wie sich die Allianz aktuell mit dem Thema Oldtimer beschäftigt und das dieser Markt in Deutschland rund 55.000 Menschen in Vollzeit beschäftigt. Rund eine Million Fahrzeuge hierzulande sind inzwischen älter als 25 Jahre und jedes Jahr kommen zehn Prozent Fahrzeuge hinzu, die diese Altersschwelle überschreiten. Anschließend berichtete Gwehenberger in Details von der privaten Restauration eines Mercedes 190 SL, wie wir sie im vergangenen Jahr ausführlich in VKU veröffentlicht haben.
Kenner für Jaguars
Ein besonderer Höhepunkt des Tages war der Vortrag von Anders D. Clausager, seines Zeichens Chef Archivar bei Jaguar Daimler Heritage Trust in Coventry und Autor von 15 Büchern. Wie kaum ein anderer kennt sich Clausager mit Jaguars und vor allem dem Jaguar E-Type aus und konnte den Tagungsteilnehmern mit einigen Anekdoten die geschichtliche Entwicklung des E-Type und vor allem die feinen Unterschiede zwischen den einzelnen E-Type-Modellen Nahe bringen. 1958 gab es den ersten Prototyp des E-Type, der ursprünglich als Rennfahrzeug für die Teilnahme in Le Mans gedacht war. Kurz darauf entschloss man sich aber, das Auto auch als sportliches Straßenfahrzeug anzubieten. Für Jaguar eine goldrichtige Entscheidung. Denn nach seiner Premiere in den USA füllten sich die Auftragsbücher über Nacht und es soll sogar eine Warteliste für VIPs gegeben haben. Was vielleicht ebenfalls weniger bekannt ist: Der E-Type war das erste Fahrzeug mit Scheibenbremsen an Vorder- und Hinterachse, lief 240 km/h und kostete etwa 25.000 DM. Betrachtet man alle drei Serien des E-Type, wurden insgesamt 1367 Fahrzeuge nach Deutschland geliefert.
Nach aller Emotionalität für den E-Type griff Rechtsanwalt Julian Westpfahl aus Frankfurt/Main einige rechtliche Belange rund um den Oldtimer auf und stellte die Bedeutung der VIN-Nummer (Fahrgestellnummer) und die Originalität des Fahrzeugs in den Mittelpunkt seines Vortrages. Auch bei Oldtimern gelten falsche Fahrgestellnummern unter anderem als Urkundenfälschung, Versicherungsbetrug und Steuerhinterziehung. Zudem gilt ein Fahrzeug, bei dem die Fahrgestellnummer manipuliert wurde, vor dem Gesetz nicht als im guten Glauben rechtmäßig erworben. Zudem wird es laut Westpfahl im Markt mit dem Begriff Originalität häufig nicht so genau genommen. So kann ein restauriertes Fahrzeug niemals Original sein und darf deshalb auch nicht als Original angepriesen und verkauft werden.
Michael Meins von der OCC Versicherung aus Lübeck berichtetet über die Versicherungsmöglichkeiten von Oldtimern und warf einen Blick in die Schadenstatistik seiner Gesellschaft. Dabei zeigte sich unter anderem, dass englische Fahrzeuge besonders häufig durch Brandschäden auffallen und Modelle von Mercedes-Benz, Porsche und Volkswagen gut 40% der Versicherungsnehmer bei OSS ausmachen. Meins gab den Tipp, dass sich Sachverständige, die mit dem Geschäftsfeld Bewertung von Old- und Youngtimer spielen, sich auf die Fahrzeuge konzentrieren sollten, die auch am häufigsten am Markt anzutreffen sind.
Einen weiteren technischen Vortrag übernahm Prof. Dr.-Ing. Volkmar Schüler von der Hochschule Ulm mit seinen Erläuterungen zu historischen Schweißverfahren. So gab es von 600 v. Chr. bis zum Jahr 1880 nur eine Variante des Schweißens, und zwar das Feuerschweißen. Erst seit 1880 ist das Elektroschweißen heutiger Art bekannt und aus dem Jahre 1923 datiert das erste geschweißte Schiff. Flugzeuge und Lkw-Rahmen werden selbst heute noch nicht geschweißt und nur vernietet, weil durch das Nieten keine Materialveränderungen stattfinden und die Verbindungsstellen besser kontrollierbar sind. Im Fahrzeugbau sind Schweißverbindungen zwar heute üblich, werden aber in vielen Bereichen auch durch Löten ersetzt bzw. ergänzt. Denn Lötverbindungen haben eine größere Flächenhaftung und sind im Gegensatz zu Schweißnähten auch absolut dicht. Die neue C-Klasse von Mercedes-Benz verfügt zum Beispiel über 30 m Lötnaht.
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(Foto: Thomas Seidenstücker)
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