75 Jahre Insassen- und Partnerschutz bei Mercedes-Benz
Als Konservenbüchsen die Autos sicherer machten
Bereits 1939 entstand bei Daimler eine eigene Abteilung zur Verbesserung der Fahrzeugsicherheit.
Von Konrad Winterstein/mid
Wie viele Menschen Béla Barényi ihr Leben verdanken? Niemand weiß es. Doch der Ingenieur aus Österreich gilt als Vater des Insassen- und Partnerschutzes im Automobilbau. Vor 75 Jahren kam Barényi zur damaligen Daimler-Benz AG und prägte das Unternehmen und seine Autos nachhaltig.
1939, übernahm der damals 32 Jahre alte Ingenieur die neu gegründete Abteilung für Sicherheitsentwicklung in Stuttgart. Im Bewerbungsgespräch hatte er zuvor auf die Frage, was er denn an den aktuellen Mercedes-Wagen verbessern würde, unerschrocken geantwortet: "Eigentlich alles". Und Barényi, den Weggenossen wie der ehemalige Vorstandsvorsitzende Werner Breitschwerdt als beharrlichen Mann in Erinnerung haben, krempelte in der Tat einiges um im Hause Daimler-Benz.
Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1974 habe er 2.500 Patente zur Verbesserung der Fahrzeugsicherheit auf den Weg gebracht, heißt es. Darunter waren so wegweisende Entwicklungen wie die der geteilten Lenksäule im Jahr 1963 oder die der gestaltfesten Passagierzelle mit Knautschzonen.
Diese Idee, die noch heute das Fundament des passiven Fahrzeugsicherheit ist, wurde bereits 1952 zum Patent angemeldet und 1959 in der Baureihe W111, der legendären Heckflosse, erstmals in Serie realisiert. "Man muss bedenken: Es war Nachkriegszeit, als Béla Barényi seine Erfindungen machte", sagt Breitschwerdt. "Da waren in Deutschland ganz andere Themen aktuell als die Automobilsicherheit - die Motorisierung stand am Anfang, man fuhr Kabinenroller oder Kleinstwagen."
Vieles basierte auf Intuition
Entsprechend einfach waren die Werkzeuge, die Barényi und seine Mannen zur Verfügung hatten. Guntram Huber, ein weiterer Weggenosse Barényis, erinnert sich: "Als Barényi seine wichtigen Erfindungen machte, gab es noch keine Crashtests. Vieles basierte auf rein theoretischen Grundlagen - und auf Intuition." Als Huber 1959 als Versuchsingenieur zu Daimler-Benz gekommen sei, habe man den ersten Testschlitten gebaut: "Eine recht einfache Konstruktion mit einem Sitz drauf, die mittels eines Flaschenzugs angetrieben wurde. Als Aufprallzone dienten uns anfangs große Konservenbüchsen aus der Kantine." Noch im selben Jahr habe es dann allerdings die ersten wirklichen Fahrzeug-Crashtests gegeben, sagt Huber: "Mit großer Bewunderung konnten wir da feststellen, dass Barényis Knautschzonen-Prinzip genauso funktionierte, wie er es Jahre zuvor auf rein theoretischer Basis berechnet hatte.".
Ergänzt wurden diese Crashtests später durch die Analysen realer Unfälle, die immer wieder wertvolle Erkenntnisse zur Optimierung der Fahrzeugsicherheit brachten. So machte Barény, der 1974 in Pension ging, Mercedes-Fahrzeuge in vielen kleinen und manchen großen Schritten stetig sicherer. Dass seine Erkenntnisse auch von anderen Unternehmen genutzt wurden, war sicherlich in seinem Sinne. Denn in Sachen Sicherheit war diesem von früheren Mitarbeitern als wissbegierig, engagiert und scharfsinnig charakterisierten Tüftler wohl wirklich nur das Beste gut genug. Béla Barényi starb 1997 in Böblingen, unweit seines früheren Wirkungsstätte.
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(Foto: Daimler)
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